Das Haltbarkeitsdatum der Stars wird immer kürzer
„Rock im Park“-Veranstalter Marek Lieberberg über junge Helden, alte Weggefährten und den Standort Nürnberg
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Herr Lieberberg, nach eigener Aussage sind Sie schon glücklich, wenn Sie mit dem Festivalableger in Nürnberg überhaupt schwarze Zahlen schreiben. Das Geld wird also folglich bei „Rock am Ring“ gemacht. Warum halten Sie trotzdem fest am Standort Nürnberg? Wollen Sie unbedingt den Platzhirsch spielen, nach dem Motto „Kein Fußbreit der Konkurrenz“?
Marek Lieberberg: Ich habe mir abgewöhnt, Dinge nur zu tun, um sie zu tun. Nach 36 Jahren einer langen, facettenreichen Karriere ist das nicht mehr meine Motivation. Aber man ist mit so einem Festival natürlich auch emotional verbunden. Wenn sich dann im nächsten Jahr in Nürnberg endlich auch die Platzfrage geklärt hat und wir das Festival an einem festen Standort stattfinden lassen, der sich nicht immer wieder verändert, dann glaube ich, dass das für „Rock im Park“ einen festen Zuschauerstamm und damit auch Wirtschaftlichkeit für die Zukunft garantiert.
Können Sie es nachvollziehen, dass die Nürnberger Fans enttäuscht sind, weil die US-Rocker „Guns N’Roses“ als exklusiver vierter Headliner nur bei „Rock am Ring“, nicht jedoch bei „Rock im Park“ zu sehen sein werden?
Lieberberg: Die Nürnberger Fans gibt es in diesem Maße nicht. Ich habe ein Diskussionsforum im Internet gelesen, an dem sich ungefähr zwanzig Leute beteiligt haben — nicht mehr. Aus Erfahrung des Vorverkaufs bei „Rock am Ring“ weiß ich, dass wir nicht die geringste Steigerung verzeichnet haben auf Grund der Tatsache, dass „Guns N’Roses“ dort spielen. Ob „Guns N’Roses“ dort spielen, das wird man abwarten müssen — bei der Historie der Band gibt es da immer noch Fragezeichen. Ich habe immer wieder gesagt, dass man bei einer Band, die zwölf Jahre nicht am Start war, nicht darauf bauen kann, dass sie sofort wieder die Massen euphorisch macht. „Guns N’Roses“ haben leider zu viel an Problemen hinterlassen. Sie müssen sich erst einmal beweisen durch einen glanzvollen Auftritt.
„Rock im Park“ ist vor zehn Jahren als Familienfestival gestartet, bei dem der Vater den Sohn mitnimmt und beide noch die Mutter (oder auch umgekehrt). Das Aufgebot der letzten Jahre hat sich jedoch merklich an ein jüngeres Publikum gewandt . . .
Lieberberg: Das stimmt. Es ist aber gleichzeitig auch ein Vorzug, denn das Familienfestival hätte uns doch sehr auf Mainstream eingeschränkt. Und das können wir uns in der Rockmusik gar nicht erlauben.
Wenn man ein Mega-Festival wie „Rock im Park“ organisiert - wird es da nicht zunehmend schwieriger, zugkräftige Headliner zu finden: Bands, die nach einem langen, kraftzehrenden Festivaltag noch einmal alle Besucher vom HipHopper bis zum Hardrocker vor die Hauptbühne ziehen und spartenübergreifend mitreißen?
Lieberberg: Die Frage nach dem Headliner wird immer wichtiger. Auch die Tatsache, dass die 90er Jahre und auch die jetzige Zeit nur Superstars mit kurzem Atem hervorbringt, hat natürlich damit zu tun. Die großen Bands gehen uns allmählich aus, es gibt viel kürzere Lebenszeiten und auch eine sehr viel kürzere Kreativität vieler Gruppen, bedingt durch den kommerziellen Erfolg. Anfangs waren sie Außenseiter, haben sich empor gearbeitet. Dann kommt die erste Platte, der Erfolg, und mit dem Erfolg kommt der Kommerz und die Möglichkeit, plötzlich ganz anders zu leben. Die Musiker werden aus der Atmosphäre, in der sie bislang Platten geschaffen haben, hinein in eine Art Elfenbeinturm-Situation gezogen, aus der heraus sie gar nicht mehr die künstlerischen Produkte mit großer Qualität liefern können. Das ist ein Teufelkreis, in dem sich die heutige Musik befindet. Immer wieder werden Bands hochgespült, doch die Frage nach dem Haltbarkeitsdatum stellt sich immer deutlicher. Damit müssen
wir leben.
Stichwort „Elfenbeinturm“: Kriegen Sie als Veranstalter überhaupt noch etwas von dem Festival mit?
Lieberberg: Natürlich. Ich bin bei „Rock am Ring“ vor Ort und dort aktiv im Geschehen. Es ist bekannt, dass ich auch raus auf die Zeltplätze gehe und mich mit den Leuten unterhalte — eben weil ich ein aktuelles Bild der Fans haben möchte. Und das kann ich mir nur dort verschaffen. So verstehe ich auch meinen Beruf: Immer aktiv einzugreifen, zuzuhören, sich kritisieren zu lassen. Nur: Ich bin eben sehr streitbar. Aber das wäre ich nicht, wenn ich nicht diese Meinungen von der Front hätte.
Bei der Pressekonferenz haben sie verraten, dass Ihr Sohn André für das Programm zuständig ist und sie selbst nur noch drei Bands im diesjährigen Aufgebot verpflichtet haben. Welche drei waren das?
Lieberberg (lacht): „Metallica“, „Depeche Mode“ und - was „Rock am Ring“ angeht - „Guns N’Roses“. Das sind die drei Bands, die ich aktiv gebucht habe. Mein Sohn hat die größere Nähe zur Musikkultur der Gegenwart. Ich konzentriere mich heute weitgehend auf die Organisation des Festivals und die gesamte Promotion.
Was dürfen die „Rock im Park“-Besucher dieses Jahr auf keinen Fall versäumen? Ihr Tipp!
Lieberberg: Also ich denke, dass der Tag mit „Depeche Mode“, „Placebo“ und „Franz Ferdinand“ so unglaublich kompakt und spannend ist - das wird ein solches Highlight, wie es in den Vorjahren kaum etwas Vergleichbares gegeben hat.
Stellen Sie sich vor, Sie feiern eine Gartenparty und haben drei Künstler frei, die an diesem Tag für Ihre Freundinnen und Freunde aufspielen - Leichen willkommen! Wer spielt auf Marek Lieberbergs Gartenparty?
Lieberberg: Ich muss gar keine Toten zurückrufen. Da ich ein Folknik bin und aus der Folkbewegung komme, wäre für mich der erste Wunsch Cat Stevens — und zwar islam-befreit. Zum zweiten wäre es - und da habe ich das Glück, dass auch er noch heute mit mir arbeitet - Billy Joel. Den präsentiere ich in Kürze wieder in Deutschland, zum ersten Mal nach zwölf Jahren. Und als dritten hätte ich gerne Bruce Springsteen.
Insofern ist es eigentlich so, dass meine Wunschkünstler die sind, mit denen ich weitgehend auch arbeite. Bei Yusuf Islam alias Cat Stevens hatte ich die große Freude, ihn trotz einer gewissen ideologischen und religiösen Verbohrtheit vor einem Jahr zu treffen und sehr lange über das zu sprechen, was wir in den 70er Jahren miteinander erlebt haben. Interview: STEFAN GNAD
1970 veranstaltete Marek Lieberberg sein erstes Konzert mit der späteren Rocklegende „The Who“. In den folgenden Jahrzehnten organisierte er Gastspielreisen von Größen wie „U2“, „Pink Floyd“, „Depeche Mode“, „R.E.M“ und Bryan Adams. Längst spielt die Frankfurter Konzertagentur von Marek Lieberberg in der ersten Veranstalter-Liga Europas.
Zum Doppel-Festival „Rock im Park“(Nürnberg) /„Rock am Ring“ (Nürburgring) kommen jährlich bis zu 130 000 Besucher aus ganz Europa. „Ohne ,Rock am Ring‘ gäbe es keines der heutigen Mehrtagesfestivals in Deutschland“, sagt der Frankfurter Geschäftsmann. „Erst dort haben wir bewiesen, dass Rockfestivals kein Hexensabbat sind, sondern ganz normale Veranstaltungen, die ihre Berechtigung im Kulturleben einer Stadt oder Region haben.“
Wir sprachen vor dem Festival mit Marek Lieberberg, der dieser Tage seinen 60. Geburtstag feiert.
Quelle: http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=504898&kat=48&man=3
Es befindet sich heute eine Seite Artikel über Rock im Park in den NN
„Rock im Park“-Veranstalter Marek Lieberberg über junge Helden, alte Weggefährten und den Standort Nürnberg
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Herr Lieberberg, nach eigener Aussage sind Sie schon glücklich, wenn Sie mit dem Festivalableger in Nürnberg überhaupt schwarze Zahlen schreiben. Das Geld wird also folglich bei „Rock am Ring“ gemacht. Warum halten Sie trotzdem fest am Standort Nürnberg? Wollen Sie unbedingt den Platzhirsch spielen, nach dem Motto „Kein Fußbreit der Konkurrenz“?
Marek Lieberberg: Ich habe mir abgewöhnt, Dinge nur zu tun, um sie zu tun. Nach 36 Jahren einer langen, facettenreichen Karriere ist das nicht mehr meine Motivation. Aber man ist mit so einem Festival natürlich auch emotional verbunden. Wenn sich dann im nächsten Jahr in Nürnberg endlich auch die Platzfrage geklärt hat und wir das Festival an einem festen Standort stattfinden lassen, der sich nicht immer wieder verändert, dann glaube ich, dass das für „Rock im Park“ einen festen Zuschauerstamm und damit auch Wirtschaftlichkeit für die Zukunft garantiert.
Können Sie es nachvollziehen, dass die Nürnberger Fans enttäuscht sind, weil die US-Rocker „Guns N’Roses“ als exklusiver vierter Headliner nur bei „Rock am Ring“, nicht jedoch bei „Rock im Park“ zu sehen sein werden?
Lieberberg: Die Nürnberger Fans gibt es in diesem Maße nicht. Ich habe ein Diskussionsforum im Internet gelesen, an dem sich ungefähr zwanzig Leute beteiligt haben — nicht mehr. Aus Erfahrung des Vorverkaufs bei „Rock am Ring“ weiß ich, dass wir nicht die geringste Steigerung verzeichnet haben auf Grund der Tatsache, dass „Guns N’Roses“ dort spielen. Ob „Guns N’Roses“ dort spielen, das wird man abwarten müssen — bei der Historie der Band gibt es da immer noch Fragezeichen. Ich habe immer wieder gesagt, dass man bei einer Band, die zwölf Jahre nicht am Start war, nicht darauf bauen kann, dass sie sofort wieder die Massen euphorisch macht. „Guns N’Roses“ haben leider zu viel an Problemen hinterlassen. Sie müssen sich erst einmal beweisen durch einen glanzvollen Auftritt.
„Rock im Park“ ist vor zehn Jahren als Familienfestival gestartet, bei dem der Vater den Sohn mitnimmt und beide noch die Mutter (oder auch umgekehrt). Das Aufgebot der letzten Jahre hat sich jedoch merklich an ein jüngeres Publikum gewandt . . .
Lieberberg: Das stimmt. Es ist aber gleichzeitig auch ein Vorzug, denn das Familienfestival hätte uns doch sehr auf Mainstream eingeschränkt. Und das können wir uns in der Rockmusik gar nicht erlauben.
Wenn man ein Mega-Festival wie „Rock im Park“ organisiert - wird es da nicht zunehmend schwieriger, zugkräftige Headliner zu finden: Bands, die nach einem langen, kraftzehrenden Festivaltag noch einmal alle Besucher vom HipHopper bis zum Hardrocker vor die Hauptbühne ziehen und spartenübergreifend mitreißen?
Lieberberg: Die Frage nach dem Headliner wird immer wichtiger. Auch die Tatsache, dass die 90er Jahre und auch die jetzige Zeit nur Superstars mit kurzem Atem hervorbringt, hat natürlich damit zu tun. Die großen Bands gehen uns allmählich aus, es gibt viel kürzere Lebenszeiten und auch eine sehr viel kürzere Kreativität vieler Gruppen, bedingt durch den kommerziellen Erfolg. Anfangs waren sie Außenseiter, haben sich empor gearbeitet. Dann kommt die erste Platte, der Erfolg, und mit dem Erfolg kommt der Kommerz und die Möglichkeit, plötzlich ganz anders zu leben. Die Musiker werden aus der Atmosphäre, in der sie bislang Platten geschaffen haben, hinein in eine Art Elfenbeinturm-Situation gezogen, aus der heraus sie gar nicht mehr die künstlerischen Produkte mit großer Qualität liefern können. Das ist ein Teufelkreis, in dem sich die heutige Musik befindet. Immer wieder werden Bands hochgespült, doch die Frage nach dem Haltbarkeitsdatum stellt sich immer deutlicher. Damit müssen
wir leben.
Stichwort „Elfenbeinturm“: Kriegen Sie als Veranstalter überhaupt noch etwas von dem Festival mit?
Lieberberg: Natürlich. Ich bin bei „Rock am Ring“ vor Ort und dort aktiv im Geschehen. Es ist bekannt, dass ich auch raus auf die Zeltplätze gehe und mich mit den Leuten unterhalte — eben weil ich ein aktuelles Bild der Fans haben möchte. Und das kann ich mir nur dort verschaffen. So verstehe ich auch meinen Beruf: Immer aktiv einzugreifen, zuzuhören, sich kritisieren zu lassen. Nur: Ich bin eben sehr streitbar. Aber das wäre ich nicht, wenn ich nicht diese Meinungen von der Front hätte.
Bei der Pressekonferenz haben sie verraten, dass Ihr Sohn André für das Programm zuständig ist und sie selbst nur noch drei Bands im diesjährigen Aufgebot verpflichtet haben. Welche drei waren das?
Lieberberg (lacht): „Metallica“, „Depeche Mode“ und - was „Rock am Ring“ angeht - „Guns N’Roses“. Das sind die drei Bands, die ich aktiv gebucht habe. Mein Sohn hat die größere Nähe zur Musikkultur der Gegenwart. Ich konzentriere mich heute weitgehend auf die Organisation des Festivals und die gesamte Promotion.
Was dürfen die „Rock im Park“-Besucher dieses Jahr auf keinen Fall versäumen? Ihr Tipp!
Lieberberg: Also ich denke, dass der Tag mit „Depeche Mode“, „Placebo“ und „Franz Ferdinand“ so unglaublich kompakt und spannend ist - das wird ein solches Highlight, wie es in den Vorjahren kaum etwas Vergleichbares gegeben hat.
Stellen Sie sich vor, Sie feiern eine Gartenparty und haben drei Künstler frei, die an diesem Tag für Ihre Freundinnen und Freunde aufspielen - Leichen willkommen! Wer spielt auf Marek Lieberbergs Gartenparty?
Lieberberg: Ich muss gar keine Toten zurückrufen. Da ich ein Folknik bin und aus der Folkbewegung komme, wäre für mich der erste Wunsch Cat Stevens — und zwar islam-befreit. Zum zweiten wäre es - und da habe ich das Glück, dass auch er noch heute mit mir arbeitet - Billy Joel. Den präsentiere ich in Kürze wieder in Deutschland, zum ersten Mal nach zwölf Jahren. Und als dritten hätte ich gerne Bruce Springsteen.
Insofern ist es eigentlich so, dass meine Wunschkünstler die sind, mit denen ich weitgehend auch arbeite. Bei Yusuf Islam alias Cat Stevens hatte ich die große Freude, ihn trotz einer gewissen ideologischen und religiösen Verbohrtheit vor einem Jahr zu treffen und sehr lange über das zu sprechen, was wir in den 70er Jahren miteinander erlebt haben. Interview: STEFAN GNAD
1970 veranstaltete Marek Lieberberg sein erstes Konzert mit der späteren Rocklegende „The Who“. In den folgenden Jahrzehnten organisierte er Gastspielreisen von Größen wie „U2“, „Pink Floyd“, „Depeche Mode“, „R.E.M“ und Bryan Adams. Längst spielt die Frankfurter Konzertagentur von Marek Lieberberg in der ersten Veranstalter-Liga Europas.
Zum Doppel-Festival „Rock im Park“(Nürnberg) /„Rock am Ring“ (Nürburgring) kommen jährlich bis zu 130 000 Besucher aus ganz Europa. „Ohne ,Rock am Ring‘ gäbe es keines der heutigen Mehrtagesfestivals in Deutschland“, sagt der Frankfurter Geschäftsmann. „Erst dort haben wir bewiesen, dass Rockfestivals kein Hexensabbat sind, sondern ganz normale Veranstaltungen, die ihre Berechtigung im Kulturleben einer Stadt oder Region haben.“
Wir sprachen vor dem Festival mit Marek Lieberberg, der dieser Tage seinen 60. Geburtstag feiert.
Quelle: http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=504898&kat=48&man=3
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