Apples Stammkunden zahlen bei iTunes-Kopierschutz drauf
Von Konrad Lischka
Apple zeigt die Krallen: Wer alte iTunes-Kaufmusik ins neue, kopierschutzfreie Format umwandeln will, muss Aufschläge zahlen. Die Anwälte des Unternehmens gehen außerdem gegen Software vor, die das kostenlos erledigt - die Kunden toben.
Der Gängel-Faktor scheint bei Apples Kopierschutz Fairplay gering: Die im iTunes-Downloadshop gekaufte Musik läuft auf mehreren Rechnern, überlebt sogar den Umzug vom PC auf den Mac, lässt sich anstandslos als Musik-CD brennen. Wenn aber Apples digitales Rechtemanagement einmal zuschlägt, wird es richtig unangenehm. Eine MP3-CD fürs Autoradio brennen? Geht nicht.
Die Alternativen: ein paar Hundert Audio-CDs beschreiben, für viel Geld einen iPod-zu-Autoradio-Transmitter kaufen – oder bei Apple die gekauften Songs gegen DRM-freie Varianten tauschen (Details zu den Fairplay-Schranken unten).
Ärgerlich: Für den Tausch verlangt Apple 0,30 Euro je Song oder 30 Prozent des Albumpreises. Gerade treue Kunden - es soll Menschen geben, die in den letzten Jahren tausende von Songs bei iTunes kauften - werden damit besonders bestraft: Man kann nämlich nur alles konvertieren oder gar nichts. Sprich: Je länger und häufiger man bei iTunes eingekauft hat, desto teurer wird der Umstieg.
Das Perfide daran: Als Apple im vorigen Mai begann, Musik ohne die Fairplay-Einschränkungen zu verkaufen (derzeit ein Drittel des Gesamtbestand), kosteten diese Songs 1,29 Euro, die geschützten 0,99 Euro. Im Oktober senkte Apple dann die Preise (mehr...): Heute kostet in der Regel ein Lied 0,99, ein Album 9,99 Euro – ob mit oder ohne Fairplay-Gängelung.
Apple: Alles gegen Aufschlag freischalten oder gar nichts
Der Rabatt gilt aber nicht für treue iTunes-Kunden. Für sie gelten diese Klauseln (nachzulesen in Apples FAQ):
- Wer seine alten, geschützten Musikdateien gegen neue, DRM-freie tauscht, zahlt drauf: "Musiktitel können für 0,30 €, Videos für 0,60 € und Alben für 30 % des Albumpreises aktualisiert werden."
- Kostenlos erhaltene Musiktitel (z.B. Download der Woche) können nicht aktualisiert werden.
- Man kann über die entsprechende iTunes-Funktion ("Meine Bibliothek aktualisieren") nur alle gekauften Lieder komplett gegen DRM-freie Versionen tauschen. Apple: "Sie können die zu aktualisierenden Titel, Musikvideos oder Alben jedoch nicht einzeln auswählen." Im Klartext: Je mehr Musik man bei iTunes gekauft hat, desto teurer wird der Tausch. Aber natürlich kann man sich ausgesuchte Alben noch einmal als DRM-freie "Plus"-Version kaufen.
Apple-Sprecher Georg Albrecht bestätigt auf Anfrage diese Bedingungen: "Das Upgrade geht nur komplett." Immerhin prüfe iTunes vorab, wie viele Songs aus der eigenen Musiksammlung überhaupt im neuen DRM-freien Plus-Format verfügbar sind: "Ihnen wird vorher exakt angezeigt, wie viele Titel sich auf iTunes Plus aktualisieren lassen und was es kostet."
Apple mahnt iTunes-Befreier ab
Bei der Suche nach einer legalen, günstigeren Alternative zu Apples gebührenpflichtigem Komplett-Upgrade der Musiksammlung aufs DRM-freie Format findet man im Web Kampfspuren der Apple-Rechtsabteilung: Die Open-Source-Software Hymn (Abkürzung für "Hear Your Music aNywhere") ist seit einigen Tagen nicht mehr im Netz verfügbar.
Hymn entfernte auf – offenbar - legalem Weg den Fairplay-Schutz aus iTunes-Einkäufen. Grob vereinfacht: Statt den Kopierschutz zu knacken, spielte Hymn die Dateien ab, schnitt mit und komprimierte die Ausgabe. Hymn konnte man nutzen, um seine iTunes-Einkäufe legal
- auf einem Linux-Rechner (zum Beispiel dem EeePC-Laptop) unterwegs zu hören.
- unterwegs auf einem Nicht-Apple-MP3-Player abzuspielen.
- als MP3-CD im Auto zu hören.
Jahrelang tolerierte Apple das Hymn-Projekt. Vorige Woche erhielt dann der Hymn-Internetprovider eine Unterlassungsanordnung von der bekannten Apple-Anwaltskanzlei O'Melveny & Myers LLP aus San Francisco: Man solle es unterlassen, auf der Seite Software zum Download anzubieten. Konsequenzen: Die Betreiber haben alle Dateien gelöscht, in den Foren dürfen keine Links mehr zu Seiten mit vergleichbaren Downloads veröffentlicht werden.
Als Hintergrund der Unterlassungsanordnung vermutete " DrmBytes", einer der Moderatoren, auf der Hymn-Seite veröffentlichte Links zu einem iTunes-Knacker namens "Requiem". Dieses Programm geht offenbar nicht den mühsamen und legalen Umweg des Aufnehmens, sondern entfernt den Fairplay-Schutz direkt – womöglich mithilfe von urheberrechtlich geschützten Programm-Details.
Stammkunden moppern: "Apple wird aggressiv"
Der Hymn-Moderator "DrmBytes" ärgert sich über die harsche Reaktion: Man habe Beiträge, die offensichtlich kriminelles Handeln begünstigten oder propagierten, immer sehr restriktiv behandelt. Ziel der Seite sei es nie gewesen, "Musik zu stehlen oder zu tauschen" – man habe nur iTunes-Kunden helfen wollen, "ihre legal gekaufte Musik von den DRM-Fesseln zu befreien." Offenbar verteidige Apple sein DRM-System Fairplay nun "aggressiver".
Er persönlich werde von nun an jedenfalls nur noch bei Amazon DRM-freie Songs kaufen und in iTunes importieren (Konditionen siehe Tabelle im Link unten).
In Deutschland ist Amazons sehr attraktives Musikdownload-Angebot noch nicht verfügbar. Abgesehen davon, hilft das Angebot auch nicht, eine Musiksammlung von 1164 bei iTunes gekauften und Fairplay-geschützten Songs zu entschlüsseln. Das leisten einige – noch? – frei verfügbare iTunes-Befreier. Diese Programme arbeiten alle nach dem Hymn-Muster: Statt Apples Schutzsystem direkt zu knacken, wird gekaufte Musik – grob vereinfacht gesagt - über eine Lücke gewissermaßen neu aufgenommen.
So funktioniert das kostenlose Programm Doubletwist, das der legendäre Hacker Jon Johansen vorige Woche vorstellte. Die derzeit nur für Windows-Rechner verfügbare Software soll laut dem Hersteller in einer Stunde etwa 200 iTunes-Songs umwandeln, bei etwa fünf Prozent Qualitätsverlust – so zitiert die Times Doubletwist.
CD-Brenner entschlüsselt iTunes
Eine mühsame, aber recht unbedenkliche Entschlüsselungsmethode ist es, geschützte iTunes-Songs als Audio-CD zu brennen und dann im MP3-Format wieder einzulesen. Diese CD-Brenner-Methode haben einige Softwarehersteller beschleunigt. Ihre Programme richten einen virtuellen CD-Brenner auf der Festplatte ein, lassen iTunes dort die Musikdateien brennen und wandeln die dabei anfallenden Daten in ungeschützte MP3-Dateien um. So arbeitet das Programm NoteBurner auf dem PC, auf dem Mac arbeitet der "MAC M4P Converter" nach derselben Methode.
Und wer weiß, vielleicht verdaut dieses umgerechnet 25 Euro teure Programm bald auf einigen Rechnern jene Songs, die Apple seinen Stammkunden ohne DRM-Fesseln glatt noch einmal verkaufen will.
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